Dr. Giesbert Hoffmann galt als der beste Nachhilfelehrer, den man bekommen konnte. In einflussreichen Kreisen wurde sein Name unter vorgehaltener Hand genannt. In den Vorstadtvillen genoss seine Pädagogik höchste Wertschätzung. Ganz besonders, wenn ein Teenager außer Kontrolle geraten war und eine straffe Führung verlangte. Erst recht, wenn die Tochter des Hauses im Begriff war, ihr Abitur zu vermasseln, und nur drastische Maßnahmen das noch abwenden konnten.

In diesen Kreisen dachte man betont konservativ. Hier pflegte man autoritäre Umgangsformen, die sich schon seit Generationen als erfolgreich erwiesen hatten. Hier gab es ihn noch, den Herrn des Hauses, der das Sagen hatte und die Seinen mit harter Hand zu führen wusste. Sein Wille war das Maß der Dinge. Sein Wort war Gesetz. Sein Prinzip hieß fordern und fördern, loben und strafen, Zuckerbrot und Peitsche.

Hoffmann passte genau in diese Welt. Er war einer der wenigen Erzieher, die noch die alten Werte vertraten. Er half einer verzweifelten Mutter, ihren missratenen Teenager wieder auf den rechten Weg zu bringen. Er war der verlängerte Arm eines Geschäftsmanns, der einfach zu wenig Zeit hatte, sich selbst um die Erziehung seiner Tochter zu kümmern. Er wurde von ehrgeizigen Eltern geschätzt und von faulen Töchtern gefürchtet.

Wenn Hoffmann etwas hasste, dann war es die Erosion der alten Werte. Teenager, die nie erzogen worden waren und schon mit 14 die Pille nahmen. Partygirls, die von Stengel zu Stengel hüpften und nur aus Spaß und Vergnügen bestanden. Junge Frauen mit nichts im Kopf, die sich für unwiderstehlich hielten. Eingebildete Weibchen, die stolz ihr Luxusleben zelebrierten, zu dem sie selbst nicht das Geringste beigetragen hatten.

Eine Gesellschaft braucht Struktur und Ordnung, war seine Überzeugung. Sie verlangte ein Oben und ein Unten. Menschen, die bestimmen, anordnen, befehlen und solche, die gehorchen. Dabei sah Hoffmann die Welt wie es schon Jean Jaques Rousserau beschrieb: „Man veredelt die Blumen durch die Zucht und die Menschen durch die Erziehung,“ Eine Erkenntnis, die sich ihm auf ganz besondere Weise eröffnete, als er das alte Waldschloss kennenlernte und Teil einer verschworenen Gemeinschaft wurde, die ganz spezielle Vorstellungen von der Gesellschaft von morgen hatte.

Und an der Gestaltung dieser Welt sollte er einen ganz wesentlichen Anteil haben. Nicht nur als Hauslehrer. Sondern vor allem als Pädagoge, als Erzieher, als ein Zuchtmeister, der eine neue Generation von Frauen heranziehen sollte, die wieder dieselben Tugenden haben würden, wie in alten Zeiten. Und das mit denselben Methoden, die schon immer funktioniert hatten: fordern und fördern, loben und strafen, Zuckerbrot und Peitsche.


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